Wie stehen Diabetes und Schlaganfälle in Verbindung?
Das Wichtigste in Kürze
- Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit genannt, ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) charakterisiert ist.
- Der Diabetes mellitus wird in die Formen Typ I und Typ II unterschieden.
- Der Begriff Schlaganfall bezeichnet einen plötzlich auftretenden Ausfall von Gehirnfunktionen durch eine Hirnblutung oder einen Gefäßverschluss.
- Der Diabetes mellitus erhöht das Schlaganfall-Risiko deutlich.
- Es gibt verschiedene Therapiestrategien, damit das Risiko eines Schlaganfalles, der durch einen Diabetes ausgelöst wird, reduziert werden kann.
Zuckerstoffwechsel
Unsere Nahrung besteht aus den drei Hauptkomponenten Fette (Lipide), Eiweiße (Proteine) und Zucker (Kohlenhydrate). Dazu kommen u.a. noch Vitamine, Mineralien, Spurenelemente etc.
Zucker ist der wichtigste Energieträger für alle Körperzellen. Er stammt aus den Kohlenhydraten unserer Nahrung. Im Verdauungstrakt unseres Körpers wird er über Dünndarm und Leber in Glukose (Traubenzucker) umgewandelt und gelangt so ins Blut. Der Zuckergehalt des Blutes (Blutzuckerspiegel) steigt. Die Glukose wird von unseren Körperzellen aufgenommen und dient als wichtiger Energielieferant für die Erfüllung vieler Körperfunktionen. Überschüssige Glukose wird in Leber und Fettgewebe gespeichert. Voraussetzung für diesen Prozess ist das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) entsteht. Nur wenn das Insulin die „Türen“ der Zellen für den Zucker „aufschließt“, wird der Zucker aufgenommen und in den Zellen entweder in Form von Stärke (langkettiger Zucker) gespeichert oder direkt in Energie umgewandelt. Der Zuckergehalt des Blutes sinkt dadurch wieder ab. Im Laufe eines Tages schwankt daher der Blutzuckerspiegel innerhalb bestimmter Bereiche.
Diabetes
Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit genannt, ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) charakterisiert ist.
Das Wort „Diabetes“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Durchfluss“, denn die Zuckerkrankheit geht mit einem erhöhten Harndrang (Durchfluss) einher, um den überschüssigen Zucker auszuscheiden. Das Wort „mellitus“ ist lateinisch und bedeutet „honigsüß“. Ärzte erkannten damals die Krankheit, indem sie den Urin testeten – er schmeckte süßlich.
Bei Menschen mit Diabetes mellitus gelangt der Zucker nicht in die Körperzellen, sondern verbleibt im Blut, weil:
- die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin nicht ausreichend herstellt (Insulinmangel),
- die Zellen nicht auf das Hormon Insulin reagieren (Insulinresistenz)
- oder weil beide Ursachen gemeinsam auftreten.
Formen des Diabetes mellitus
Typ 1-Diabetes
Der Typ 1-Diabetes tritt in jungen/jüngeren Lebensjahren auf und beruht auf einem absoluten Insulinmangel, da die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse „zerstört“ sind. Der Beginn der Erkrankung ist meist plötzlich. Es kann kein körpereigenes Insulin mehr gebildet werden. Demzufolge muss das Hormon von außen - in Form von Insulininjektionen - zugeführt werden.
Typ 2-Diabetes
Dieser Typ trat früher bei Personen nach dem 40. Lebensjahr auf. Heute findet sich der Typ 2-Diabetes zunehmend auch bei jüngeren Erwachsenen und sogar bei Jugendlichen. Die Bauchspeicheldrüse bildet (zunächst) genug Insulin, aber die Körperzellen reagieren nur schlecht darauf und können den Zucker aus dem Blut kaum verwerten (Mediziner sprechen hier von der Insulinresistenz). Der Beginn der Erkrankung ist meist schleichend.
Ursachen des Diabetes mellitus
Die Ursachen des Typ-1-Diabetes sind nicht eindeutig geklärt. Es wird eine Fehlsteuerung des Immunsystems (Autoimmunerkrankung) angenommen, auch äußere und genetische Einflussfaktoren werden diskutiert. Derzeit lassen sich noch keine Empfehlungen zur Vorbeugung dieser selteneren Form der Diabeteserkrankung ableiten.
Die Entstehung des Typ-2-Diabetes wird jedoch durch verschiedene Risikofaktoren gefördert, die teilweise mit den Lebensgewohnheiten in Verbindung stehen:
- falsche Ernährung
- Übergewicht
- mangelnde körperliche Aktivität
- höheres Lebensalter
- genetische Veranlagung
Folgen des Diabetes mellitus
Letztlich kommt es bei Menschen mit Diabetes mellitus zu einer beschleunigten Entwicklung einer Arterienverkalkung (Arteriosklerose), d.h. durch Ablagerungen an den Gefäßwänden zur Verengung der Gefäße. An diesen Stellen kann das Gefäß direkt verstopfen oder es können Gerinnsel entstehen, die abreißen und mit dem Blutstrom in kleinere Gefäße verschleppt werden, wo sie ggf. für einen Verschluss sorgen und z.B. einen Schlaganfall auslösen.
Schlaganfall
Unter dem Sammelbegriff Schlaganfall werden alle akut auftretenden gefäß- bzw. durchblutungsbedingten Störungen des Gehirns zusammengefasst. Die auftretenden Symptome und Beschwerden sind unabhängig von der Ursache des Schlaganfalls. Das bedeutet, dass sehr unterschiedliche Ursachen identische Symptome und Beschwerden provozieren können.
Das Gehirn ist eines der am stärksten durchbluteten Organe. Durchschnittlich gelangen ungefähr 15 bis 20 Prozent des Blutes, welches aus dem Herzen in den Körperkreislauf gepumpt wird, in das Gehirn. Zudem sind Nervenzellen anders als die meisten anderen Körperzellen für ihren Stoffwechsel vollständig auf Glucose und Sauerstoff zur Energiegewinnung angewiesen, sodass eine Unterbrechung der Blutversorgung nach kürzester Zeit zu Zellschäden führt.
In ca. 15 Prozent der Fälle liegt eine Blutung (medizinisch: Hämorrhagie) vor. Bei ca. 80 bis 85 Prozent ist eine Mangeldurchblutung die Ursache, medizinisch Ischämie genannt. Wir sprechen dann von einem Hirninfarkt.
Diabetes und Schlaganfall
Diabetes mellitus erhöht das Risiko des ischämischen Schlaganfalls.
Dabei ist das Schlaganfall-Risiko für Diabetikerinnen und Diabetiker bereits ohne zusätzliche Risikofaktoren um das Zwei- bis Dreifache erhöht.
Häufig wirken jedoch mehrere Faktoren zusammen, wodurch das Risiko atherosklerotischer Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, periphere Durchblutungsstörungen etc. noch weiter zunimmt.
Die wichtigsten Risikofaktoren für Schlaganfälle und andere kardio-vaskuläre Erkrankungen sind:
- Bluthochdruck
- Diabetes mellitus
- Fettstoffwechselstörungen
- Vorhofflimmern
- Nikotin
- Übergewicht/Adipositas
- Bewegungsmangel
Die Kombination aus Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Typ-2-Diabetes wird als "Metabolisches Syndrom" bezeichnet.
Therapiemaßnahmen
Die richtige Diabetes-Behandlung kann einen Schlaganfall verhindern und ist somit eine sehr effektive Präventionsmaßnahme.
Der normale Blutzuckerspiegel soll dabei nüchtern zwischen 60 und 110 mg/dl (3,3 bis 6,1 mmol/l) liegen.
Hierzu stehen dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin entsprechende Medikamente wie orale Antidiabetika, aber auch Insuline und Inkretinmimetika zur Verfügung.
Zusätzlich ist auf eine ausgewogene Ernährung mit Vermeidung von regelmäßigem und übermäßigem Kohlenhydratkonsum sowohl präventiv wie auch kurativ zu achten.
Auch regelmäßige Bewegung (Schwimmen, Radfahren, Jogging, Walking etc.) gehört unbedingt zu einer ganzheitlichen Therapie des Diabetes.
Blutzuckerkontrollen sowie die Einstellung der Blutzuckerwerte erfolgen durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin.
Zusätzlich sollen die Patientinnen und Patienten im Umgang mit ihrer Erkrankung geschult werden (Blutzuckerselbstkontrollen, Medikamenteneinnahme, Ernährungsschulung etc.).
Autor: Dr. Mark Dankhoff
Datum: Juli 2023
Quellen:
1. Richard Daikeler, Götz Use, Sylke Waibel: Diabetes. Evidenzbasierte Diagnosik und Therapie. 10. Auflage. Kitteltaschenbuch, Sinsheim 2015, ISBN 978-3-00-050903-2.
2. Gerhard F. Hamann, Mario Siebler, Wolfgang von Scheidt: Schlaganfall: Klinik, Diagnostik, Therapie, Interdisziplinäres Handbuch. ecomed Verlagsgesellschaft, 2002, ISBN 3-609-51990-8.
3. Peter Kraft, Martin Köhrmann: Praxishandbuch Schlaganfall. Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation. Urban & Fischer in Elsevier, 2020, ISBN 978-3-437-23431-6.
4. Manio von Maravic: Neurologische Notfälle. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 311–356.
5. Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. 3. Auflage. Georg Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-132413-9.
9-GE-5-14339-02 07-2023